Warum ich aufhörte, mein Schaffen zu bewerten

Kreativität als Werkzeug zu Erfolg?

Mein Studium im Bereich Nachhaltiges Design hat mich geprägt.
Es hat mir beigebracht, Leistung zu bringen, kreativ zu sein – aber bitte zielgerichtet, effizient, marktfähig.
Ideen sollten nicht nur fließen, sie sollten funktionieren.
Alles musste messbar sein. Alles musste sich lohnen.
Kreativität war kein freier Ausdruck mehr, sondern ein Werkzeug, das optimiert, geschärft und eingesetzt wurde – im Dienst eines höheren Zwecks.

Ich habe mein Studium trotzdem geliebt.
Aber viele meiner Projekte blieben unvollendet. Nicht, weil sie schlecht waren.
Sondern weil ich ihnen den Wert abgesprochen habe.
Weil sie nicht wichtig genug wirkten. Nicht gesellschaftskritisch, nicht revolutionär, nicht groß genug.
Ich war hart zu mir – weil ich keine Idee hatte, die die Welt verändert.
Und irgendwann habe ich mich selbst nicht mehr für wertvoll gehalten.

Aber dann habe ich mich gefragt:
Ist das der wahre Kern meiner Kreativität?
Ist sie wirklich nur ein Mittel zum Zweck?
Und was ist eigentlich Erfolg?

Wie die bunten Boote

In Sri Lanka habe ich oft darüber nachgedacht.
Meine Reise wurde von vielen als verlorene Zeit gesehen –
Zeit, in der ich hätte Karriere machen, Geld verdienen, produktiv sein können.
Aber warum messen wir unser Leben in Produktivität?
Warum ist etwas weniger wert, nur weil es nicht in Zahlen aufgeht?

Ich erinnere mich an die Fischerboote.
Bunt bemalt. Rot, türkis, goldgelb.
Sie waren nicht effizienter dadurch. Sie fingen keine Fische schneller.
Aber sie waren schön.
Sie brachten Freude – ganz ohne Grund.
Und das allein war genug.

Das was mein bester Freund sagt

Diese Boote haben mir gezeigt, was ich verloren hatte.
Ich hatte gelernt, dass Design nützlich sein muss.
Dass es Ziele verfolgen, Probleme lösen, Wirkung zeigen soll.
Aber ich hatte verlernt, dass Schönheit auch ohne Zweck ihren Platz hat.

Seitdem versuche ich, wieder einfach zu erschaffen.
Nicht für den Pitch, nicht für den Lebenslauf, nicht für Likes.
Sondern weil es mich erfüllt.

Vielleicht ist das naiv. Vielleicht werde ich in ein paar Jahren anders denken.
Aber heute glaube ich:
Erfolg ist nicht die Zahl auf meinem Konto.
Nicht die Hierarchiestufe. Nicht die Sichtbarkeit.
Erfolg ist, morgens aufzuwachen und mich zu freuen, etwas zu gestalten.
Unabhängig. Spielerisch. Sinnlich.
Nicht weil es verkauft wird – sondern weil es da ist.

Kreativität ist kein Werkzeug.
Sie ist mein Zuhause.
Sie ist das bunte Boot – ohne Grund, ohne Ziel, einfach schön.

Oder wie mein bester Freund am Telefon sagte:
„Solange es mich glücklich macht mit der bloßen Existenz, hat es doch schon an Sinn gewonnen.“





Das ist mein erster lyrischer Text hier im Blog.
Ich habe lange gezögert, solche Texte öffentlich zu teilen – dabei war das Schreiben schon immer ein Teil von mir. Früher habe ich im Deutsch-LK gern mit Sprache gespielt, Gefühle in Worte gegossen, Gedanken in Metaphern verpackt.
Doch irgendwann hörte ich damit auf. Mein Lehrer meinte, ich sei „nicht gut genug“ darin. Und ich habe ihm geglaubt.

Heute weiß ich: Schreiben muss nicht perfekt sein, um echt zu sein.
Und genau deshalb will ich mehr solcher Texte veröffentlichen.
Denn neben der visuellen Gestaltung ist das Schreiben mein wichtigstes Ausdrucksmittel – besonders, wenn es um meine Gedanken, Zweifel und das, was mich im Alltag beschäftigt, geht.

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr Lust habt, eure Gedanken dazu in den Kommentaren zu teilen.
Lasst uns gemeinsam diskutieren, hinterfragen, weiterspinnen. Ich bin gespannt auf eure Perspektiven.

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Mein Design für den Ozean: Wie ich mit “Letters to the Sea” einen kleinen Teil zum Schutz meines Lieblingsorts beitragen durfte