Nachhaltigkeit & Design: Warum Design für mich der Anfang von Nachhaltigem Konsum ist
Wenn du an deine Zukunft denkst – was siehst du?
Eine Karriere? Einen bestimmten Job? Vielleicht ein eigenes Büro, eine Familie, ein Haus auf dem Land?
Oder ist es eher ein Gefühl? Eine Richtung? Etwas, das man nicht in einem Berufstitel festmachen kann?
Ich glaube, viele junge Menschen verbinden die Frage „Wie sieht meine Zukunft aus?“ automatisch mit dem Beruf.
Mit Was will ich mal werden?
Aber bei mir war das irgendwie nie der Kern.
Nicht, weil ich keinen Ehrgeiz habe – im Gegenteil. Ich war immer jemand, der sich reingehängt hat. Der Ziele hatte.
Nur eben nicht die Art von Zielen, bei denen es darum geht, möglichst viel Geld zu verdienen oder ganz oben in einem Unternehmen zu stehen.
Mich hat immer mehr interessiert, was dahinterliegt.
Was eigentlich gemeint ist, wenn man sich fragt, wie das Leben aussehen soll.
Als ich klein war, war mein liebster Platz draußen in der Natur.
Ich konnte stundenlang in meiner Matschküche spielen, mit Blättern und Sand kochen, barfuß über den Rasen laufen.
Ich habe Wolken beobachtet, in ihnen Figuren gesehen und mich auf der Schaukel in andere Welten geträumt.
Ich durfte meine Kindheit behütet verbringen – direkt neben Feldern und Kühen.
Unsere Nachbarn hatten meistens Schafe, und irgendwo in der Nähe krähte ein Hahn.
Es war friedlich. Und für mich war es das reinste Paradies.
Irgendwann, in der Schulzeit, hat sich dieses Paradies verändert.
Nicht weil es weg war – sondern weil ich begriffen habe, dass es bedroht ist.
Man war in einem Alter, in dem man verstand, was das Wort Weltschmerz bedeutet – und ja, ich hatte viel davon.
Ich konnte plötzlich nicht mehr weggucken.
Klimawandel, Massentierhaltung, Umweltzerstörung – das waren nicht mehr nur Themen im Unterricht, sondern Dinge, die mich persönlich betroffen gemacht haben.
Ich habe verstanden, dass Chicken Nuggets nicht aus glücklichen Hühnern bestehen.
In diesem Augenblick hat sich nicht nur mein Magen gedreht, sondern auch mein denken.
Ich habe verstanden, dass das, was wir konsumieren, Konsequenzen hat.
Dass Leben etwas unglaublich Schönes ist – und gleichzeitig durch uns Menschen jeden Tag gefährdet wird.
Fridays for Future wurde laut, und irgendwann verbrachte ich meine Zeit nicht mehr im Unterricht indem ich mir Gedanken darüber machte, wie ich meine Berufliche Laufbahn ausrichte. Stattdessen verbrachte ich meine Zeit mit meinen Freundinnen auf verschiedenen Demos.
Nicht, weil die berufliche Frage unwichtig war. Sondern weil ich das Gefühl hatte, dass es keine wichtigere Frage gibt als diese:
Was lohnt es nach einem Beruf zu suchen, der nur dazu führte das es mein Paradies später nicht mehr geben würde ?
Meine Kinder wohlmöglich niemals so erleben dürfen, wie ich es durfte?
Und plötzlich war die Frage „Wie sieht meine Zukunft aus?“ nicht mehr nur die Frage nach einem Beruf.
Sondern:
Wie kann ich mein Leben so gestalten, dass auch zukünftige Generationen eine Zukunft haben?
Wie kann ich Tiere vor dem Aussterben bewahren?
Wie kann ich irgendwann Kinder haben, ohne ein schlechtes Gewissen dabei zu spüren?
🎨 Was Design damit zu tun hat?
Zwei Richtungen standen für mich im Raum:
Design. Oder Meeresbiologie.
Meeresbiologie, weil ich das Meer liebe. Weil ich es liebe, Tiere zu beobachten, Ökosysteme zu verstehen, Verbindungen zu sehen.
Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr spürte ich: Ich bin kein rein analytischer Mensch. Ich denke in Bildern. In Farben. In Konzepten. Ich will gestalten.
Also begann ich, nach Universitäten zu suchen, die nicht nur Design lehren, sondern Werte vermitteln. Orte, an denen Gestaltung nicht nur zur Werbung für die nächste Cola-Kampagne verkommt, sondern als Werkzeug verstanden wird.
Und ich wurde fündig – sogar in meiner Nähe.
(Das hier soll keine Werbung für die Uni sein, aber: Ich habe dort viel mitnehmen dürfen.)
Auf den ersten Blick klingt Design nicht gerade nach Nachhaltigkeit.
Eher nach Konsum. Nach Plakaten, Papier, Plastik.
Nach Modekampagnen, Glitzer, schnellem Trend.
Sicher nicht nach einem unabhängigen Leben auf dem Land mit eigenen Hühnern, Kühen, Gemüsebeet und grüner Politik mit wachsenden Beinhaaren.
Eher nach Designerhandtaschen.
Aber genau da fängt es an.
Was, wenn ich genau diese Designerin wäre?
Die, die eine teure Handtasche gestaltet –
aber dabei auf nachhaltige Materialien, faire Arbeitsbedingungen und durchdachte Verarbeitung achtet?
Die überlegt, wie man die Tasche nach Jahren der Nutzung reparieren oder recyceln kann?
Die eine Tasche entwickelt, die so gut ist, dass man nur diese eine braucht –
für Alltag, Business, Date und Wochenendausflug?
Wäre das nicht ein Anfang?
Würde ich es schaffen, mit meinen Werten ein neues Verständnis von Konsum zu schaffen?
Weg von: „Ich kauf mir jede Woche eine neue Tasche aus Leder, zusammengeklebt mit billigen Materialien, genäht unter katastrophalen Bedingungen.“
Hin zu:
„Ich entscheide mich bewusst. Für ein Produkt, das ich lange nutze, das ich verstehe, das fair hergestellt wurde – und das bleibt.“
Das ist der Moment, in dem ich verstanden habe:
Design ist nicht automatisch das Gegenteil von Nachhaltigkeit.
Design kann genau der Punkt sein, an dem sich etwas verändert.
Design ist der Anfang von Nachhaltigkeit.
🎨 Design ist Verantwortung – und Entscheidungsmacht
Also habe ich nachhaltiges Design studiert.
Und dort noch mehr gelernt, als ich erwartet hatte.
Design ist nicht nur das, was man sieht.
Es ist die Entscheidung, die dahintersteckt.
Die Frage, was man auswählt – und was man weglässt.
Welche Materialien man benutzt.
Wie lange ein Produkt hält.
Wie es produziert wird.
Wie es entsorgt wird.
Design ist nicht nur schön.
Design ist Haltung.
Design ist Verantwortung.
Denn jede Gestaltung beeinflusst, wie Menschen konsumieren.
Ob sie etwas behalten, reparieren, weitergeben – oder schnell wegwerfen.
Ob sie sich anregen lassen, mehr zu kaufen – oder anfangen, Dinge zu hinterfragen.
Und das finde ich ehrlich gesagt ziemlich krass.
Design bedeutet, Macht zu haben.
Macht über Entscheidungen, über Sichtbarkeit, über Werte.
Und genau das macht mir manchmal auch Angst.
Weil es bedeutet, dass ich nicht einfach alles machen kann, nur weil es „cool“ aussieht.
Ich muss wissen, woher die Materialien kommen.
Ich muss hinterfragen, ob die Produktion fair ist.
Ich will keine grüne Verpackung für ein Produkt, das im Inneren das genaue Gegenteil ist.
Ich will Gestaltung, die gut aussieht –
aber auch gut funktioniert, sich gut anfühlt und lange bleibt.
🦎 Nachhaltigkeit ist kein Verzicht, sondern ein kreativer Akt
Ich liebe es, zu experimentieren. Farben zu mischen, neue Wege zu gehen.
Ich bin ein Kreativchamäleon.
Aber ich liebe auch Klarheit. Haltung. Fokus.
Nachhaltigkeit ist für mich nicht Verzicht, sondern eine Einladung, mutig zu sein.
Mutig zu hinterfragen.
Mutig Perspektiven zu wechseln.
Mutig zu denken und bewusst zu handeln.
Ich will Gestaltung, die nicht schreit, sondern Sinn macht.
Die Fragen stellt, berührt, bleibt.
🌱 Nachhaltiges Design ist für mich oft:
Eine Illustration, die man aufhebt
Ein Satz, der hängenbleibt
Ein Plakat, das nicht nach drei Tagen im Müll landet
Eine Idee, die etwas auslöst
Vielleicht ist Gestaltung nicht die Lösung für alle Probleme.
Aber sie ist der Anfang von ziemlich vielem.
Und genau da will ich ansetzen.