KI wird mir meinen Job klauen und ich werde mich umorientieren
Es gibt diesen Satz, der sich wie ein dunkler Schatten in meinem Kopf eingenistet hat:
„KI wird mir meinen Job klauen.“
Ich sehe es jeden Tag, wenn ich durch Designportfolios scrolle, Tutorials anschaue, die neuesten Tools entdecke. Logos, die in Sekunden entstehen. Illustrationen, die so perfekt wirken, dass man kaum glauben kann, dass sie nicht aus menschlicher Hand stammen. Layouts, die sich automatisch anpassen, als hätten sie ein Bewusstsein für Ästhetik. Dinge, die früher das Herzstück meiner Arbeit waren – meine Hände, mein Kopf, meine Intuition – erledigt jetzt ein Algorithmus.
Und ja: Ich habe Angst.
Nicht die normale, kleine Angst vor Veränderung. Sondern die tiefgehende, existenzielle Angst, die mir sagt: „Vielleicht bist du bald überflüssig.“
Es ist ein Gefühl, das schwer zu beschreiben ist. Als hätte jemand den Boden unter meinen Füßen weggeschnitten. Als würde alles, wofür ich gelernt, geübt, geliebt habe, plötzlich nicht mehr zählen. Als wäre mein Wert messbar in Sekunden, in Codezeilen, in automatisierten Prozessen.
Doch in dieser Angst liegt eine Wahrheit, die ich kaum überhören kann: KI wird mir tatsächlich etwas wegnehmen. Den Job der reinen Umsetzerin. Die Arbeit, die mechanisch, reproduzierbar, austauschbar ist. Alles, was man durch Algorithmen ersetzen kann.
Aber darin liegt auch die Chance – die radikale, zwingende, notwendige Chance.
Denn KI kann vieles – aber sie kann nicht fühlen.
Sie kann imitieren, aber sie kann nicht sein.
Sie kann Farben, Formen, Muster kombinieren, aber sie kennt keine Unsicherheit, kein Zögern, kein Staunen über das eigene Ergebnis. Sie kann Daten analysieren, Trends erkennen, Vorlagen erstellen – aber sie hat keine Vergangenheit, keine Erinnerung, keine Geschichte, die ein Design trägt. Sie kann keinen Herzschlag, keine Freude, keine Trauer, keine Sehnsucht in ein Logo legen. Sie kann nicht wissen, was Menschen bewegt.
Und genau das ist es, was ich retten will.
Nicht die Oberfläche, nicht das Sichtbare. Sondern das, was darunter liegt: das Denken, die Haltung, die Verantwortung, die Menschlichkeit, die Intuition. Das, was wir fühlen, bevor wir es sehen.
Die wichtige Metaebene.
Ich werde mich umorientieren – aber nicht weg vom Design.
Nicht weg von dem, was ich liebe.
Sondern hin zu dem, was unmöglich zu ersetzen ist: dem Warum hinter jeder Entscheidung, dem Sinn in jeder Gestaltung, der Verbindung zwischen Menschen und Marken, zwischen Menschen und Menschen. Es geht nicht mehr darum, schön zu machen. Es geht darum, Bedeutung zu schaffen, Resonanz zu erzeugen, Tiefe zu erreichen.
Unsere Angst vor KI ist ein Spiegel.
Ein Spiegel, der uns zeigt, welche Teile unserer Arbeit wertvoll, einzigartig und unersetzbar sind. Sie fragt uns nicht nur, was wir verlieren könnten, sondern zwingt uns zu überlegen, was wir bewahren wollen. Sie fragt: Was ist der Teil von uns, den keine Maschine kopieren kann?
Vielleicht liegt genau hier die Revolution:
Nicht in der Geschwindigkeit, nicht in der Perfektion, nicht in der Automatisierung. Sondern in der Menschlichkeit. In der Fähigkeit, Geschichten zu fühlen, Kontexte zu verstehen, Emotionen sichtbar zu machen. In der Sensibilität, die wir in unsere Arbeit einbringen, die unsere Designs einzigartig macht.
Ich glaube, dass die Zukunft des Designs genau darin besteht.
Wir werden keine reinen Umsetzer:innen mehr sein. Wir werden Denker:innen, Erzähler:innen, Brückenbauer:innen. Wir werden gestalten, weil wir verstehen, reflektieren, fühlen. Wir werden gestalten, weil wir Menschen sind.
KI wird mir vielleicht die Routinearbeit abnehmen.
Sie wird meine Werkzeuge schneller machen, effizienter, umfassender. Aber sie wird nicht meine Leidenschaft ersetzen. Sie wird mir nicht den Mut nehmen, Fragen zu stellen. Sie wird mir nicht die Freude stehlen, Verbindungen herzustellen. Sie wird mir nicht meine Einzigartigkeit stehlen.
Und das ist der Punkt, an dem ich die Angst loslasse.
Nicht, weil die Gefahr verschwunden ist.
Sondern weil ich erkannt habe: Das, was ich bin, das, was ich erschaffe, das, was ich liebe, ist nicht ersetzbar. Nicht messbar. Nicht kopierbar.
Also ja, ich werde mich umorientieren.
Aber ich gehe nicht weg vom Design. Ich gehe hin zu dem, was wirklich zählt. Hin zu mir selbst. Hin zu der Haltung, die meine Arbeit trägt. Hin zu der Tiefe, die keine Maschine jemals erreichen kann.
In dieser Umorientierung liegt nicht Resignation.
Sondern Freiheit.
Sondern Kreativität, die größer ist als jede KI.
Sondern ein Manifest für alle, die gestalten, denken, fühlen:
Wir sind nicht austauschbar. Wir sind nicht ersetzbar. Wir sind menschlich – und genau das ist unsere Superkraft.